Am 01. September 2020 tritt in Hamburg eine neue Corona-Eindämmungsverordnung in Kraft, die für den Mannschaftssport deutliche Verbesserungen bringt, für uns Judoka und anderen Kampfsportlern jedoch weiterhin unverhältnismäßig schwere Rahmenbedingungen bietet.
Aus diesem Grunde haben sich die Hamburger Verbände der Sportarten Teakwondo, Fechten, Karate, Ju jutsu und Judo zusammengeschlossen und gemeinsam ein "Positionspapier" an die Vertreter der Hamburger Sportpolitik verfasst:
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte verantwortliche Politiker,
wir wenden uns hier an Sie mit der Forderung nach einer Gleichbehandlung unterschiedlicher Sportarten in der ab dem 1.9.2020 geltenden Corona-Eindämmungsverordnung. Im Folgenden möchten wir Ihnen unsere Argumente nennen und erläutern:
- Die zahlreichen Breiten- und Leistungssportlerinnen und -sportler im Bereich der Kampfsportarten brauchen eine Perspektive!
Während nun viele Sportarten wieder einen geregelten Trainings- und Spielbetrieb betreiben dürfen, fehlt unseren Sportlerinnen und Sportlern jegliche Perspektive, wann und wie sie wieder in einen geregelten Trainingsbetrieb zurückkehren können. - Als Kampfsportler sind wir es von Beginn unserer Sportlerkarriere angewohnt, uns an Regeln zu halten. Die Einhaltung von Kontaktdatendokumentation, Desinfektion, Maskenpflicht in der Sportstätte und diverse weitere Hygieneregeln stellen für uns somit kein Problem dar.
Unsere Sportlerinnen und Sportler betreiben Sportarten, die von Respekt, Disziplin und Regeln geprägt sind, somit lernen sie von klein auf, sich an diese zu halten. Auch in den vergangenen Monaten haben wir uns konsequent an geltende Regeln gehalten. Wir dokumentieren penibel die Teilnehmer unserer Trainingsgruppen, desinfizieren Trainingsgeräte und Matten nach der Benutzung und tragen in Umkleiden und Vereinsräumen Masken. Wir minimieren Kontakt auf das für die Sportausübung Nötigste und halten auch sonst sämtliche Hygieneregeln ein. Wir haben uns in diesem Bereich nichts zu Schulden kommen lassen und finden es nicht fair, nun nicht die selbe Perspektive zu haben, wie andere Sportarten. - Die neu geltenden Regeln sind nicht fair und unseren Trainern, Vereinen und Sportlern gegenüber nicht zu rechtfertigen.
Wir als Kampfsportler stehen im Ruf den Kindern und Jugendlichen Werte zu vermitteln, darunter auch Fairness. Fairness zu vermitteln, wenn die Kinder und Jugendlichen allerdings am eigenen Leib erfahren, wie unfair ihnen gegenüber gehandelt wird, wird nicht zum Erfolg führen. Da die Regelungen der Corona-Eindämmungsverordnung auch bei den Vereinen und Trainern auf Unverständnis treffen sehen wir die Gefahr, dass zukünftig vermehrt gegen diese Regeln verstoßen oder Grauzonen gefunden werden. Allerdings ist dies aus Verbandssicht nicht in unserem Sinne. Wir halten es daher für sinnvoll Regelungen aufzustellen, die klar argumentiert werden können, damit das Verständnis der Sportlerinnen und Sportler, Trainerinnen und Trainer und der Vereine vorhanden ist und diese auch langfristig eingehalten werden. - Der Kontakt untereinander im Kampfsport unterscheidet sich nicht von dem Kontakt in körperbetonten Mannschaftssportarten wie Handball.
Nehmen wir den Handball als Beispiel, finden hier im Spiel immer wieder intensive Zweikämpfe statt, diese unterscheiden sich von der Intensität nicht von Zweikämpfen in unseren Sportarten. Da in den Mannschaftssportarten aber zudem auch der reguläre Spielbetrieb wieder aufgenommen werden darf, findet der enge Kontakt nicht nur innerhalb einer Mannschaft statt, sondern es findet jedes Wochenende eine weitere Durchmischung der Mannschaften unter engem Kontakt statt. - Die neue Corona-Eindämmungsverordnung treibt einen Keil in den Hamburger Amateursport.
Wie im Punkt 4 erläutert kommt es durch die von Ihnen vorgenommene Trennung zu einem Vergleich der Sportarten untereinander und Missgunst und Neid werden geschürt. Es sollte im Sinne der Aktiv City Hamburg sein, dass der Hamburger Sport geschlossen auftritt und durch die Eindämmungsverordnung nicht gegeneinander aufgebracht wird. - Es besteht die Gefahr, dass unsere Leistungssportlerinnen und Leistungssportler national den Anschluss verlieren.
Durch die in Hamburg im Vergleich zu anderen Bundesländern (Schleswig-Holstein: keine Personenbegrenzung, Niedersachsen: bis zu 30 Personen) entsteht für unsere Sportlerinnen und Sportler, die eigentlich mit viel Stolz das Hamburgwappen auf der Brust tragen, ein Nachteil bei der Wiederaufnahme des Wettkampfbetriebs. So können Kadermaßnahmen aktuell nicht durchgeführt werden und die Trainingszeiten sind reduziert, um allen Sportlern die Möglichkeit zum Training zu geben. - Wir sehen keine Wertschätzung unserer Arbeit in den Verbänden und Vereinen.
Durch unsere Arbeit in den Sportvereinen haben wir einen großen Anteil an der Gestaltung der Gesellschaft. Dafür investieren Vorstände und Trainer viel Zeit und Geld, denn leben kann davon nur die Minderheit. In den vergangenen Monaten haben wir uns in den Vereinen und Verbänden immer solidarisch gezeigt, haben zur Einhaltung der geltenden Regeln aufgerufen und kreativ neue Lösungen gefunden, die als Übergangslösungen von unseren Mitgliedern akzeptiert wurden. Die neue Rechtsverordnung ist hier ein Schlag ins Gesicht aller und spiegelt in keinem Maß die Wertschätzung wieder, die die zahlreichen ehrenamtlichen und hauptberuflichen Trainerinnen und Trainern verdient haben. - Die neue Corona-Eindämmungsverordnung wird das Vereinssterben beschleunigen.
Wer sein Training nach den geltenden Regeln ausübt, kann im Kampfsport maximal mit 10 Personen trainieren. Das Training in Gruppen mit 10 Personen ist allerdings rechnerisch für Vereine nicht rentabel, da auf diese Weise nicht einmal die Trainerkosten gedeckt werden können. Hinzuzufügen ist außerdem, dass die Trainerinnen und Trainer zusätzlich Einheiten anbieten müssten, um bisherige größere Trainingsgruppen aufzuteilen. Als ehrenamtliche Trainer ist das schier unmöglich, sodass die Trainingsregelmäßigkeit der Mitglieder reduziert werden muss. Muss ein Vereinsmitglied also nun den selben Mitgliedsbeitrag bei deutlicher Reduzierung der möglichen Trainingseinheiten zahlen, während Mitglieder anderer Sparten regulär trainieren können, droht hier eine weitere Austrittswelle im Verlauf des Jahres. Zudem ist es den Vereinen unter diesen Bedingungen nicht möglich Neumitglieder zu gewinnen.
Aufgrund dieser genannten Punkte fordern wir gemeinsam als Kampfsportler eine Gleichberechtigung im Vergleich mit den Mannschaftssportarten und die Möglichkeit ebenfalls mit bis zu 30 Personen trainieren zu können.
Minette Strand
Vizepräsidentin Breitensport
Hamburger Taekwondo Union e.V
Rainer Ganschow
Vorsitzender
Hamburger Judo-Verband e.V.
Margit Budde-Cramer
Präsidentin
Hamburger Fecht-Verband e.V.
Dr. Torben Schröter
Vizepräsident
Hamburger Karateverband e.V.
Jens Keckstein
Präsident Breitensport
Hamburgischer Ju-Jutsu Verband e.V.